Ideale

Definition. Ein Linksideal in einem Ring $R$ ist ein Untermodul von $R$, betrachtet als $R$-Linksmodul. Analog ist ein Rechtsideal ein Rechts-Untermodul von $R$, betrachtet als $R$-Rechtsmodul. Eine Untergruppe $I\subset R$ heißt Ideal, falls sie sowohl Linksideal als auch Rechtsideal ist.

Zur Betonung nennt man ein Ideal auch zweiseitiges Ideal. In kommutativen Ringen ist die Unterscheidung nicht notwendig. Man spricht dann nur von Idealen. Sind $a_1, \ldots, a_n$ Elemente eines Rings, so bilden alle Elemente der Form $\sum_nr_ia_i$ das von den $a_i$ aufgespannte oder erzeugte Linksideal, alle Elemente der Form $\sum_na_ir_i$ entsprechend ein Rechtsideal. Ist $R$ kommutativ, so bezeichnet man das von den $a_i$ aufgespannte Ideal mit $I=(a_1,\ldots,a_n)$.

Satz. Ist $R$ ein Ring und $I$ ein Ideal, so gibt es auf dem Restklassenmodul $R/I$ genau eine Multiplikation, mit der $R/I$ ein Ring und die kanonische Abbildung $p:R\to R/I$ ein Ringhomomorphismus wird.

Beweis. Die Eindeutigkeit ist klar, da $p$ surjektiv ist. Die Multiplikation soll durch $(r + I)\cdot (r' + I) := rr' + I$ definiert werden. Zu zeigen ist die Unabhängigkeit von den Repräsentanten. Sei dazu $r = s + a$ und $r'=s'+a'$ mit $a,a'\in I$. Dann gilt $$rr'=ss'+(sa'+as'+aa').$$ Da $I$ ein Ideal ist, liegt die umklammerte Summe in $I$. Folglich gilt $rr'+I=ss'+I$.
qed

Der Ring $R/I$ heißt Faktorring oder Restklassenring modulo $I$.

Zwei Ideale $I$ und $J$ in einem Ring $R$ heißen teilerfremd, wenn das von ihnen erzeugte Ideal $I+J=\langle I\cup J\rangle$ gleich $R$ ist.

Chinesischer Restsatz. Es seien $I_1,\ldots ,I_n$ paarweise teilerfremde Ideale im kommutativen Ring $R$. Dann ist der Ringhomomorphismus \begin{eqnarray*} \chi:R&\to&\prod_{j=1}^nR/I_j\\r&\mapsto &(r+I_j\;\vert\;j=1,\ldots,n)
\end{eqnarray*} surjektiv. Der Kern der chinesischen Resteabbildung ist der Durchschnitt der Ideale $$\ker\chi=\cap_{j=1}^nI_j.$$ Insbesondere induziert $\chi$ einen Ring-Isomorphismus $$R/\left(\cap_{j=1}^nI_j\right)\cong \prod_{j=1}^nR/I_j.$$

Eine andere Formulierung des Satzes wäre: Zu jedem Tupel $(r_1,\ldots,r_n)$ von Elementen in $R$ gibt es ein $r\in R$, das die Kongruenzen $$r\equiv r_j \mathrm{mod}\; I_j$$ für alle $j$ simultan löst.

Beweis. Der Kern der Abbildung $\chi$ ist offensichtlich der Durchschnitt der Kerne der Faktorabbildungen $R\to R/I_j$. Es reicht, Elemente $e_1,\ldots,e_n\in R$ zu finden, für welche gilt $$e_k\in \left(\cap_{j\not=k}I_j\right) \text{ und } e_k\equiv 1\mathrm{mod}\, I_k.$$ Das Element $r=\sum_j r_je_j$ bildet dann nämlich auf die Restklasse des Tupels $(r_1,\ldots,r_n)\in \prod R/I_j$ ab.
Wir fixieren ein $k$ und konstruieren das Element $e_k$ wie folgt. Nach Voraussetzung gibt es zu jedem $j\not=k$ Elemente $a_j\in I_k$ und $b_j\in I_j$, so dass $a_j+b_j=1$ gilt. In dem Produkt $$1=\prod_{j\not= k}\left(a_j+b_j\right)=s+\left(\prod_{j\not= k}b_j\right)$$ ist das Element $s$ Summe von Summanden, die allesamt einen der Faktoren $a_j\in I_k$ enthalten. Insbesondere ist $s\in I_k$. Das Element $$e_k=\left(\prod_{j\not= k}b_j\right)=1-s$$ ist also kongruent zu $1$ modulo $I_k$ und enthalten im Durchschnitt $\cap_{j\not=k}I_j$.
qed.

Beispiel. Sind $n_1, \ldots,n_k$ paarweise teilerfremde ganze Zahlen und $N=\prod_j n_j$ deren Produkt. Dann sind folgende Ringe isomorph $$\mathbb Z/N\cong \prod_{j=1}^k\mathbb Z/n_j.$$
Dies Beispiel benutzt die folgende Beobachtung:

Proposition. Ein von $(0)$ verschiedenes Ideal $I\subset \mathbb Z$ besteht genau aus den Vielfachen der kleinsten positiven Zahl in $I$.

Beweis. Hat $I$ von Null verschiedene Elemente, so auch positive und nach dem Satz vom kleinsten Element auch ein kleinstes solches $q$. Ist $n\in I$, so dividieren wir durch $q$ mit Rest $n=mq+r$ und erkennen $r=n-mq \in I$ und $0\leq r\lt q$. Wegen der Minimalität von $q$ muss $r=0$ gelten.
qed.

Das Produkt zweier von Null verschiedener Elemente eines Ringes kann Null sein. Bei den Endomorphismenringen haben wir Beispiele gesehen, ebenso in den Restklassenringen $\mathbb Z/m$, wenn $m$ nicht zufällig prim ist.

Definition. Ein Element $r\not=0$ eines Ringes $R$ heißt rechter Nullteiler, falls es ein $l\not=0$ in $R$ gibt mit $lr=0$. Entsprechend ist $l$ dann linker Nullteiler. Ein Ring heißt nullteilerfrei, falls es weder linke noch rechte Nullteiler gibt. Ein kommutativer, nullteilerfreier Ring heißt Integritätsring oder Integritätsbereich.

Definition. Ein Ideal $\mathfrak p$ in einem kommutativen Ring $R$ heißt Primideal, falls der Quotient $R/\mathfrak p$ ein Integritätsbereich ist.

In einem Integritätsbereich gilt nach Definition: Ist $r\cdot r'=0$, so ist schon einer der beiden Faktoren $r$ oder $r'$ gleich Null. Angewandt auf den Faktorring $R/I$ erhalten wir eine alternative Beschreibung von Primidealen.

Proposition. Ein Ideal $I$ in einem kommutativen Ring $R$ ist genau dann prim, wenn für alle Elemente $r,r'\in R$ gilt: Ist das Produkt $rr'\in I$, so gilt $r\in I$ oder $r'\in I$.

Beispiel. Der Ring $\mathbb Z$ der ganzen Zahlen ist ein Integritätsbereich. Die Primideale in $\mathbb Z$ sind das Nullideal $(0)$, sowie die Ideale $(p)$ für Primzahlen $p\in \mathbb N$.

Die Wortwahl Ideal hat ihren Ursprung in der Zahlentheorie. In vielen zahlentheoretisch interessanten Ringen ist die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung verletzt. Ein Beispiel hatten wir in einer Übungsaufgabe behandelt. Man erfindet weitere ideale Elemente, die die Eindeutigkeit wieder herstellen.

Definition. Ein von einem Element erzeugtes Ideal in einem Ring heißt Hauptideal. Ein Integritätsbereich $R$ heißt Hautidealring, wenn jedes Ideal in $R$ ein Hauptideal ist.

Beispiele.

  • Der Ring $\mathbb Z$ ist ein Hauptidealring, wie wir oben gesehen haben.
  • Der Polynomring $K[X]$ in einer Variablen über einem Körper $K$ ist ein Hauptidealring. Das Argument ist das Gleiche wie beim Ring $\mathbb Z$: Hat ein Ideal $I\subset K[X]$ ein von Null verschiedenes Element, so nehmen wir eine solches Element $Q$ vom kleinsten Grad. Wir können dieses Element so wählen, dass der Leitkoeffizient, also der Koeffizient der höchsten Potenz von $X$ im Polynom $Q$, gleich $1$ ist. Ist nun $P\in I$, so dividieren wir durch $Q$ mit Rest $P=MQ+R$. Das Polynom $R=P-MQ$ ist Element von $I$ und hat einen kleineren Grad als $Q$. Es kann also nur Null sein.
  • Der Polynomring $K[X,Y]$ in zwei Variablen ist kein Hauptidealring. Das Ideal $(X,Y)$ wird von mindestens zwei Elementen erzeugt.

Definition. Ein Ideal $\mathfrak m \subset R$ in einem Ring heißt maximal, wenn $\mathfrak m\not= (1)$ gilt und es kein Ideal $I\subset R$ gibt mit $\mathfrak m\subsetneqq I\subsetneqq R$.

Proposition. Ein Ideal $\mathfrak m$ in einem kommutativen Ring $R$ ist genau dann maximal, wenn der Faktorring $R/\mathfrak m$ ein Körper ist. Insbesondere ist ein maximales Ideal prim.

Beweis. Ist $R/\mathfrak m$ ein Körper, so ist jedes Nicht-Nullelement invertierbar, erzeugt also das Einsideal $(1)=R$. Somit ist das Nullideal das einzige echte Ideal und damit $\mathfrak m$, das Urbild des Nullideals unter der Surjektion $R\to R/\mathfrak m$, maximal.
Ist umgekehrt $\mathfrak m$ maximal und $\overline r \in R/\mathfrak m$ keine Einheit, so ist das davon erzeugte Ideal $(\overline r)\subset R/\mathfrak m$ nicht gleich dem Einsideal. Das Urbild $I\subset R$ des Ideals $(\overline r)$ unter der Surjektion $R\to R/\mathfrak m$ ist ein echtes Ideal in $R$, welches $\mathfrak m$ enthält. Wegen der Maximalität von $\mathfrak m$ muss also gelten $I=\mathfrak m$ und somit $\overline r=\overline 0$. Folglich ist jedes Nicht-Nullelement invertierbar und $R/\mathfrak m$ ein Körper.
qed.

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