7.5.1. Definition. Eine Abbildung $p\colon X\to B$ hat die Homotopie-Hochhebungs-Eigenschaft (HHE) für den Raum $Z$, wenn gilt: Für jede Homotopie $h\colon I\times Z\to B$ und jede Abbildung $a\colon \{0\}\times Z\to X$ mit $pa=hi$, wo $i\colon \{0\}\times Z\to I\times Z$ die Einbettung ist, existiert eine Homotopie $H\colon I\times Z\to X$ mit $pH=h$ und $Hi=a$. Man nennt $H$ eine Hochhebung von $h$ zum Anfangswert $a$. Die Abbildung $p$ heißt Faserung, wenn sie die HHE für alle Räume $Z$ besitzt.
Das folgende Diagramm skizziert die in der Definition beschriebene Situation:
\begin{matrix}
\{0\}\times Z&\xrightarrow{a}&X\\
{\scriptstyle{i}}\downarrow\phantom{\scriptstyle{i}}
& {\scriptstyle{\exists H}}\nearrow\phantom{\scriptstyle{\exists H}}
&\phantom{\scriptstyle{i}}\downarrow{\scriptstyle{p}}\\
I\times Z&\xrightarrow[h]{}&B
\end{matrix}
7.5.2. Beispiel. Die Projektion eines Produkts auf einen Faktor $p=pr_B\colon X=B\times F\to B$ ist immer eine Faserung. Die Vorschrift $$H(t,z):= \left(h(t,z), \mathrm{pr}_F\left(a(0,z)\right)\right)$$ beschreibt eine Hochhebung von $h$ zum Anfangswert $a$.
7.5.3. Proposition. Eine Überlagerung $p\colon E\to B$ ist eine Faserung.
Beweis. In dem Pullback-Diagramm \begin{matrix}
\left(I\times Z\right)\times_BE&\xrightarrow{\mathrm{pr}_E}&E\\
{\scriptstyle {q}}\downarrow\phantom{\scriptstyle {p}}&&\phantom{\scriptstyle {p}}\downarrow{\scriptstyle {p}}\\
I\times Z&\xrightarrow{h}&B\end{matrix} beschreibt \(q\) eine Überlagerung. Die Zuordnung \((0,z)\mapsto (0,z,a(0,z))\) definiert einen stetigen Schnitt \(\sigma|_{\{0\}\times Z}\) von \(q|_{q^{-1}(\{0\}\times Z)}\). Da \(I\) einfach zusammenhängend ist (6.3.11), gibt es zu jeden Punkt \(z\in Z\) einen stetigen Schnitt \(\sigma|_{I\times\{z\}}\) von \( q|_{I\times\{z\}}\) zum Anfangswert \((0,z,a(0,z))\). Nach 6.3.7. ist der dadurch definierte mengentheoretische Schnitt \(\sigma\) von \(q\) stetig. Die Komposition \( H:= \mathrm{pr_E}\circ\sigma\) ist die behauptete Homotopiehochhebung.
qed
7.5.4. Korollar. Es sei $p\colon E\to B$ eine Überlagerung. Dann ist der Funktor $$p_*\colon \Pi(E)\to \Pi(B)$$ injektiv auf den Morphismenmengen zwischen gegebenen Objekten.
Beweis. Sind $w$ und $w'$ Wege in $E$ zwischen vorgegebenen Punkten, so dass $p\circ w$ und $p\circ w'$ homotop relativ zu den Endpunkten sind. Dann kann die Homotopie wegen der HHE hochgehoben werden zu einer Homotopie von $w$ zu einer Hochhebung von $p\circ w'$. Da \(p\) separiert ist, stimmen Hochhebungen überein, sobald sie an einem Punkt übereinstimmen. Folglich stimmen $p\circ w'$ und $w'$ überein.
qed
7.5.5. Definition. Ein topologischer Raum $X$ heißt
Mannigfaltigkeiten sind lokal homöomorph zu Bällen und somit lokal wegweise zusammenhängend und semilokal einfach zusammenhängend.
Im Folgenden betrachten wir die Auswertungsabbildung $$\mathrm{ev_{01}}\colon \mathrm{Mor}_{\Pi(X)}\to X\times X;\quad [w]\mapsto (w(0),w(1))$$ der Morphismenmenge des Fundamentalgruppoiden auf Anfangs- und Endpunkte.
7.5.6. Lemma. Es sei $X$ ein lokal wegweise zusammenhängender und semilokal einfach zusammenhängender topologischer Raum. Sind $U_0$ und $U_1$ wegzusammenhängende Umgebungen der Punkte $x_0$ und $x_1$ in $X$, so dass die Homomorphismen $\pi_1(U_i,x_i)\to \pi_1(X,x_i)$ für \(i\in\{0,1\}\) trivial sind, so bezeichne \[PX(U_0,U_1):=\left\{w\colon I\to X\mid w(i)\in U_i, i\in\{0,1\}\right\}\subset PX\] den Raum der in \(U_0\) startenden und in \(U_1\) endenden Wege. Die Inklusion \(PX(x_0,x_1)\hookrightarrow PX(U_0,U_1)\) induziert eine Bijektion \(\pi_0\left(PX(x_0,x_1)\right)\cong\pi_0\left( PX(U_0,U_1)\right)\) von Wegzusammenhangskomponenten.
Beweis. Für \(i\in \{0,1\}\) wählen wir zu $u_i\in U_i$ jeweils Wege $v_i\in PU(x_i,u_i)$ und definieren eine Abbildung von Mengen $k\colon \Pi(X)(u_0,u_1)\to \Pi(X)(x_0,x_1)$ vermittels der Zuordnung $$ [w]\mapsto [v_1^-*w*v_0].$$ Der Wegzusammenhang von $U_i$ liefert die Existenz der Wege $v_i$. Der semilokal einfache Zusammenhang von $X$ liefert die Wohldefiniertheit der Abbildung $k$: Für eine andere Wahl $v'_i\in PU_i(x_i,u_i)$ erhalten wir \[\begin{aligned}
{[v_1^-*w*v_0]} &= [{v'}_1^-*v'_1]\circ [v_1^-*w*v_0]\circ [{v'}_0^-*v'_0] \\
&=[{v'}_1^-]\circ [v'_1*v_1^-]\circ [w] \circ [v_0*{v'}_0^-]\circ [v'_0]\\
&=[{v'}_1^-*w*v'_0].
\end{aligned}\] In der ersten Gleichung werden gebunden nullhomotope Wege hinzugefügt, in der zweiten wird die Assoziativität benutzt. Die letzte Gleichung benutzt den semilokal einfachen Zusammenhang: \[[v'_i*v_i^-]=1\in\pi_1(X,u_i).\] Zuletzt zeigen wir: Sind \(w,w'\in
PX(u_0,u_1)\) durch einen Weg in \(PX(U_0,U_1)\) verbindbar, so auch durch einen Weg in \(PX(u_0,u_1)\). Ist nämlich \(H\colon I\to PX(U_0,U_1), \) eine Homotopie von \(w\) zu \(w'\), so sind wird durch \[(s,t)\mapsto \begin{cases}
H(\min(3t,s),0)&0\le 3t\le 1\\
H(s,3t-1)&1\le 3t\le 2\\
H(\min(3-3t,s),1)&2\le 3t\le 3
\end{cases}\] eine gebundene Homotopie von \(w\) zu einem Weg der Form \(v_1*w'*v_0\) beschrieben mit \([v_i]\in \pi_1(U_i,u_i)\). Wegen des semilokal einfachen Zusammenhangs sind diese Wege gebunden nullhomotop und folglich \(w\) und \(w'\) gebunden homotop.
qed
7.5.7. Satz. Ist \(X\) ein lokal wegweise zusammenhängender, semilokal einfach zusammenhängender topologischer Raum, so existiert eine natürliche Topologie auf der Morphismenmenge \(\mathrm{Mor}_{\Pi(X)}\), so dass die Abbildung \(\mathrm{ev}_{01}\colon
\mathrm{Mor}_{\Pi(X)}\to X\times X\) eine Überlagerung ist. Ist \(X\) zusammenhängend, so auch der Morphismenraum des Fundamentalgruppoiden.
Beweis. Ordnen wir jedem Paar $U_0, U_1$ wegzusammenhängender offener Mengen, für die die Homomorphismen $\pi_1(U_i,u_i)\to \pi_1(X,u_i)$ für \(u_i\in U_i\) und \(i\in\{0,1\}\) trivial sind, die Menge \(\pi_0PX(U_0,U_1)\) zu, so definiert dies eine lokal triviale Prägarbe \(\mathcal P\) auf \(X\times X\). Der zugehörige Étalraum \(p\colon E_\mathcal P\to X\times X\) ist eine Überlagerung. Wir erhalten ein kommutierendes Diagramm \[\begin{matrix} E_\mathcal P&\xrightarrow{K} &\mathrm{Mor}_{\Pi(X)}\\
\scriptstyle{p}\downarrow\phantom{\scriptstyle{p}}&
&\phantom{\scriptstyle{\mathrm{ev}_{01}}}\downarrow{\scriptstyle{\mathrm{ev}_{01}}}\\
X\times X&\xrightarrow{\mathrm{id}}&X\times X
\end{matrix}\] mit einer bijektiven Abbildung \(K\), welche jedem Punkt \([U_0\times U_1,[w],(x_0,x_1)]\in E_\mathcal P\) mit \([w]\in \pi_0PX(U_0,U_1)\) das im Beweis von 7.5.6 konstruierte Element \(k([w])\in \Pi(X)(x_0,x_1)\) zuordnet.
Es bleibt zu zeigen, dass der Morphismenraum wegzusammenhängend ist, falls \(X\) zusammenhängend ist. Die Wegzusammenhangskomponenten eines lokal wegweise zusammenhängenden Raumes sind offen. Ist der Raum, wie von \(X\) vorausgesetzt, zusammenhängend, so ist er folglich wegweise zusammenhängend. Die konstanten Wege liefern eine stetige Abbildung $e\colon X\to Mor_{\Pi(X)}$ mit $\mathrm{ev}_{01}\circ e=\Delta$ die diagonale Abbildung $X\to X\times X$. Da das Bild $e(X)$ wegzusammenhängend ist, reicht es zu zeigen, dass für jedes $x\in X$ der Raum $\mathrm{ev}_{01}^{-1}(\{x\}\times X)$ wegzusammenhängend ist. Ein Element $[w]$ in diesem Raum ist die Äquivalenzklasse eines in $x$ startenden Weges $w\colon I\to X, t\mapsto w(t)$ mit $w(0)=x$. Die Homotopie $$W\colon I\times I,\quad (s,t)\mapsto w_s(t):=w(s\cdot t)$$ definiert einen Weg $$ I\to \mathrm{ev}_{01}^{-1}(\{x\}\times X),\quad s\mapsto [w_s]$$ von $[w_0]=e(x)$ nach $[w_1]=[w]$.
qed
Die Faser dieser Überlagerung über dem Punkt $(x,x')\in X\times X$ ist die Morphismenmenge ${\Pi(X)}(x,x')$, also die Menge der Homotopieklassen relativ Endpunkte von Wegen von $x$ nach $x'$.
7.5.8. Sprechweise. Wir bezeichnen im Folgenden einen topologischen Raum \(X\) als hinreichend zusammenhängend, wenn er
7.5.9. Satz. Es sei $B$ ein hinreichend zusammenhängender topologischer Raum und $b\in B$. Es bezeichne $q\colon \left(\widetilde{B},e_b\right)\to (B,b)$ die durch Basiswechsel der Überlagerung $\mathrm{ev_{01}}\colon Mor_{\Pi(B)}\to B\times B$ entlang der Inklusion $\{b\}\times B\to B\times B$ erhaltene punktierte Überlagerung. Dann ist \(\widetilde{B}\) zusammenhängend und es gilt \[ \pi_1(\widetilde{B},e_b)=1.\]
Beweis. Der Zusammenhang von \(\widetilde{B}\) wurde in 7.5.7 bereits nachgewiesen. Ein Element in $\pi_1(\widetilde{B},e_b)$ sei repräsentiert durch einen geschlossenen Weg $w\colon I\to \widetilde{B}$. Dieser Weg ist die eindeutige Hochhebung des geschlossenen Weges $qw$ in $B$. Die Homotopieklasse $$[qw]\in \pi_1(B,b)=\Pi(B)(b,b)$$ wird beschrieben durch den Endpunkt $\mathrm{ev}_1([w])=e_b$. Folglich ist $qw$, und damit wegen 7.5.4. auch $w$, nullhomotop.
qed
7.5.10. Korollar. Die Abbildung $q\colon \widetilde{B}\to B$ ist ein \(\pi_1(B,b)\)-Hauptfaserbündel.
Beweis. Die Gruppenwirkung von rechts \begin{aligned}\widetilde{B}\times \pi_1(B,b)&\to \widetilde{B}\\
([w],[g])&\mapsto [w\ast g]\end{aligned} schaltet eine Schleife \(g\) an den Punkt \(b\) vor einen im Punkte \(b\) startenden Weg \(w\).
qed
Hätten wir den Basiswechsel der Überlagerung \(\mathrm{ev}_{01}\) entlang der Inklusion \(B\times\{b\}\) gemacht, also als Überlagerungsraum die gebundenen Homotopieklassen von in \(b\) endenden Wegen, so ergäbe sich eine freie Gruppenwirkung von links, nämlich durch Nachschalten von Schleifen am Endpunkt.
Für einen Raum $B$ mit ausgezeichnetem Basispunkt $b\in B$ bezeichne $\mathcal{Cov}(B,b)$ die Kategorie der punktierten Überlagerungen. Objekte sind zusammenhängende, punktierte Räume $(X,x)$, zusammen mit Überlagerungen $p\colon (X,x)\to (B,b)$. Morphismen sind die Basispunkte respektierende Abbildungen über $B$. Für eine Gruppe $G$ bezeichne $\mathcal {Subgroup}(G)$ die Kategorie der Untergruppen von $G$. Objekte sind die Untergruppen von $G$. Die Inklusionsabbildungen beschreiben die Morphismen.
7.5.11. Satz. Ist $B$ hinreichend zusammenhängend, so ist der Funktor $$\pi_1\colon \mathcal{Cov}(B,b)\to \mathcal {Subgroup}\left(\pi_1(B,b)\right),$$ welcher einer punktierten Überlagerung $ (X,x)\to(B,b)$ die Fundamentalgruppe $\pi_1(X,x)$ zuordnet, und einem Morphismus $f\colon (X,x)\to (X',x')$ den induzierten Homomorphismus \[f_*=\pi_1(f)\colon \pi_1(X,x)\to \pi_1(X',x'),\] eine Äquivalenz von Kategorien. Insbesondere ist die Überlagerung \(q\colon (\widetilde{B},e_b)\to (B,b)\) eine universelle Überlagerung.
Beweis. Ist $p\colon (X,x)\to (B,b)$ eine Überlagerung, so ist der von $p$ induzierte Homomorphismus $p_*\colon \pi_1(X,x)\to \pi_1(B,b)$ nach 7.5.6 injektiv. Folglich ist auch der von einem Morphismus von Überlagerungen $$f\colon (X,x)\to (X',x')$$ induzierte Homomorphismus $\pi_1(f)$ injektiv.
Ist $p\colon (X,x)\to (B,b)$ eine zusammenhängende Überlagerung, so definieren wir eine Abbildung $f\colon(\widetilde{B},e_b)\to (X,x)$ wie folgt: Es sei $[w]\in \widetilde{B}$ die Äquivalenzklasse eines in $b$ startenden Weges $w\colon I\to B$. Zum Weg $w$ liefert die HHE eine eindeutig bestimmte Hochhebung $\widehat{w}\colon I\to X$ mit Anfangspunkt $\widehat{w}(0)=x$. Wir setzen $f\left([w]\right):=\widehat{w}(1)\in X$. Dies ist wohldefiniert, denn eine gebundene Homotopie von $w$ kann eindeutig nach $X$ hochgehoben werden. Die Homotopie bewegt den Endpunkt stetig in der diskreten Faser über $w(1)$, ist also auch am Endpunkt gebunden. Die derart mengentheoretisch definierte Abbildung $f$ ist in jedem Blatt über einer trivialisierenden offenen Menge in $B$ ein Homöomorphismus, also lokal und folglich auch global stetig.
Die derart konstruierte Abbildung $f$ ist wegen der Eindeutigkeit von Hochhebungen eindeutig. Sie ist surjektiv, da $X$ wegweise zusammenhängend ist und jeder Weg in $X$ eine Hochhebung eines Weges in $B$ ist. Der Endpunkt liegt folglich im Bild von $f$. Das Urbild $f^{-1}(x)$ besteht aus denjenigen Elementen in der Faser $q^{-1}(b)=\pi_1(B,b)$ über $b$, welche in geschlossene Wege in $X$ abgebildet werden, also der Fundamentalgruppe $\pi_1(X,x)\subset \pi_1(B,b)$.
Da sowohl $p$ als auch $p\circ f=q$ Überlagerungen sind, ist auch $f$ eine Überlagerung und als solche eine universelle. Folglich ist $X$ der Bahnenraum $\widetilde{B}/\pi_1(X,x)$.
Der zu $\pi_1$ inverse Funktor ist wie folgt beschrieben: Sind $H\subset K\subset\pi_1(B,b)$ Untergruppen, so erhält man surjektive Abbildungen der Bahnenräume $\widetilde{B}/H\to \widetilde{B}/K\to \widetilde{B}/\pi_1(B,b)=B$, welche allesamt Überlagerungen sind.
qed
7.5.12. Definition. Es sei $H$ Untergruppe einer Gruppe $G$.
Ist \(\phi_g\colon (\widetilde{B},e_b)\to (\widetilde{B},g)\) eine Decktransformation mit \(\phi_g(e_b)=g\), so stimmt das Bild des Basispunktes unter dieser Abbildung mit dem Bild des Basispunktes unter der Rechtsmultiplikation mit \(g\in\pi_1(B,b)\) überein. Wegen der Eindeutigkeit von Hochhebungen (5.4.8) beschreibt \(\phi_g\) also die Multiplikation mit \(g\) von rechts im Hauptfaserbündel \(p\colon \widetilde{B}\to B\). Da die Wirkung der Gruppe der Automorphismen \(\mathrm{Aut}_{\mathcal{Cov}(B)}(\widetilde{B})\) eine linke ist, beschreibt die Zuordnung \[
\begin{aligned}\Phi\colon \pi_1(B,b)&\to \mathrm{Aut}_{\mathcal{Cov}(B)}(\widetilde{B})\\
g&\mapsto \phi_g\end{aligned},\] je nach Sichtweise, einen Anti-Isomorphismus von Gruppen, d.h. es gilt \(\phi_{g\circ g'}=\phi_{g'}\circ\phi_g\), oder einen Isomorphismus \(\pi_1(B,b)\cong \mathrm{Aut}_{\mathcal{Cov}(B)}^{opp}(\widetilde{B}).\) Allgemeiner gilt:
7.5.13. Korollar. Ist $p\colon X\to B$ eine zusammenhängende Überlagerung eines hinreichend zusammenhängenden Raumes \(B\), und bezeichnet \(b\) für ein \(x\in X\) den Bildpunkt \(b=p(x)\), so ist die Decktransformationsgruppe \(
\mathrm{Aut}_{\mathcal{Cov}(B)}(X)\) von $p$ anti-isomorph zur Weyl-Gruppe $W_{\pi_1(B,b)}\pi_1(X,x).$ Insbesondere ist die Überlagerung \(p\) genau dann galoisch, wenn \(\pi_1(X,x)\) als Untergruppe der Fundamentalgruppe \(\pi_1(B,b)\) normal ist.
Beweis. Wir identifizieren die Fundamentalgruppe $H:=\pi_1(X,x)$ von \(X\) mit ihrem Bild $\pi_1(p)(H)\subset \pi_1(B,b)=:G$ in der Fundamentalgruppe von \(B\). Bezeichnet \(q\colon (\widetilde{B},e_b)\to (B,b)\) die oben konstruierte universelle Überlagerung, so ist die eindeutig bestimmte Hochhebung $r\colon (\widetilde{B},e_b)\to (X,x)$ gleichzeitig auch eine universelle Überlagerung von \((X,x)\) und es gilt \( q=pr\). Die Faser \(q^{-1}(b)\) ist per Konstruktion identifiziert mit \(G\), die Faser \(r^{-1}(x)\) mit \(H\). Jedes Element in der Faser \(p^{-1}(b)\) beschreibt eine Nebenklasse \(gH/H\in G/H\) in dem Sinne, dass das Urbild unter \(r\) eines solchen Elementes eine linke Nebenklasse \(gH = \{gh\mid h\in H\} \subset G\) für ein \(g\in G\) ist. Die Faktorisierung \(q=pr\) liefert also eine Zerlegung \(G=\sqcup_{G/H}gH\) der Faser über dem Basispunkt in Linksnebenklassen bezüglich \(H\).
Ist nun \(f\colon X\to X\) eine Decktransformation von $p$, so liefert die Wahl eines Basispunktes \(n\in r^{-1}\left(f(x)\right)\) eine eindeutige Hochhebung $\widetilde{f}\colon (\widetilde{B},e_b)\to (\widetilde{B},n)$ der Abbildung $f\circ r\colon (\widetilde{B},e_b)\to (X,f(x))$. Diese Hochhebung $\widetilde{f}$ ist eine Decktransformation über $B$, also von der Form \(\widetilde{f}=\phi_n\), d.h. sie wird beschrieben durch Rechtsmultiplikation mit dem Element \(n\in G\). Die Decktransformation \(\phi_n\) respektiert die Zerlegung \(G=\sqcup_{G/H}gH\) der Faser über dem Basispunkt \(b\), d.h. das Bild \(gHn\) einer jeden linken Nebenklasse \(gH\) bezüglich \(H\) unter der Abbildung \(\widetilde f\) ist selbst wieder eine linke Nebenklasse \(g'H\) bezüglich \(H\).
Wir analysieren nun die Gleichung \(gHn=g'H\) weiter. Multiplikation von links mit \(g'^{-1}\) ergibt eine Gleichung \[\left(g'^{-1}gn\right)n^{-1}Hn
=H.\] Die Teilmenge \(n^{-1}Hn\lt G\) ist selbst wieder eine Untergruppe von \(G\) und enthält insbesondere das neutrale Element. Aus der obigen Gleichung erkennen wir, dass das Element \(g'^{-1}gn\) folglich ein Element von \(H\) ist. Multiplizieren wir die obige Gleichung wieder von links mit dem Inversen dieses Elements, so erhalten wir \[n^{-1}Hn=H\] und damit \(n\in N_GH\). Ist \(n\in H\), so stimmt die Abbildung \(f\) mit der identischen Abbildung überein. Daraus folgt die Behauptung.
qed
7.5.14. Korollar. Es seien $f\colon (Z,z)\to (B,b)$ eine stetige Abbildung zwischen hinreichend zusammenhängenden Räumen und $p\colon (X,x)\to (B,b)$ eine zusammenhängende Überlagerung. Es existiert genau dann eine Hochhebung $F\colon (Z,z)\to (X,x)$ von $f$, wenn es einen Homomorphismus $$F_*\colon \pi_1(Z,z)\to \pi_1(X,x)$$ von Gruppen gibt mit $\pi_1(p)\circ F_*=\pi_1(f)$.
Beweis. Gibt es eine Hochhebung $F$, so folgt die Existenz von $F_*$ aus der Funktorialität von $\pi_1$.
Für die umgekehrte Implikation nehmen wir an, es gelte $\pi_1(f)\left(\pi_1(Z,z)\right)\subset \pi_1(p)\left(\pi_1(X,x)\right)\subset \pi_1(B,b).$ Wir betrachten die Zusammenhangskomponente $\widetilde{Z}$ des Punktes $\widetilde{z}:=(z,x)$ in der durch Basiswechsel erhaltenen Überlagerung $Z\times_BX\to Z$. Die Überlagerung $\widetilde{Z}\to Z$ induziert einen injektiven Homomorphismus $\pi_1(\widetilde{Z},\widetilde{z})\to \pi_1(Z,z)$. Dieser Homomorphismus ist allerdings auch surjektiv: Ist $w\colon I\to Z$ ein geschlossener, in $z$ startender Weg, so ist die Hochhebung $\widetilde{fw}$ nach $X$ des Weges $f\circ w$ mit Startpunkt $x$ wegen $\pi_1(f)\left(\pi_1(Z,z)\right)\subset \pi_1(p)\left(\pi_1(X,x)\right)$ ein geschlossener Weg in $X$. Folglich ist der Weg $ w\times_B\widetilde{fw} \colon I\to\widetilde{Z}$ geschlossen und bildet nach $w$ ab.
Da die induzierte Abbildung der Fundamentalgruppen ein Isomorphismus ist, muss wegen 7.5.11 die Abbildung $\widetilde{Z}\to Z$ eine einblättrige Überlagerung, mithin ein Homöomorphismus sein. Die Projektion des Pull-Backs $$Z\cong\widetilde{Z}\hookrightarrow Z\times_BX\to X$$ auf den zweiten Faktor liefert folglich die gesuchte Hochhebung $F$.
qed