Der Satz von Cayley-Hamilton

Es sei $V$ ein Vektorraum über dem Körper $K$ und $\phi\in\mathrm{end}(V)$. Wie schon ausgeführt, definiert die Zuordnung $X\mapsto \phi$ eindeutig einen Ringhomomophismus $$K[X]\to \mathrm{end}(V).$$ Der Kern dieses Homomorphismus ist ein Ideal im Polynomring $K[X]$ und wird von einem Polynom $M$ erzeugt. Ein solches Polynom ist bis auf einen Faktor aus $K\setminus \{0\}$ eindeutig bestimmt.

Definition.Ist der Kern der durch einen Endomorphismus $\phi\in\mathrm{end}V$ definierten Ringabbildung $\tau_\phi:K[X]\to \mathrm{end}(V)$ nicht das Nullideal, so nennt man den das Polynom $M$ mit Leitkoeffizient $1$, welches das Ideal $\ker \tau_\phi=(M)$ erzeugt, das Minimalpolynom von $\phi$.

Ist $V$ endlich dimensional als Vektorraum, so besagt der folgende Satz, der schon als Übungsaufgabe bewiesen wurde, dass das Minimalpolynom ein Teiler des charakteristischen Polynoms ist.

Satz (Cayley-Hamilton). Es sei $V$ ein endlich dimensionaler Vektorraum über $K$ und $\phi\in\mathrm{end}V$. Für das charakteristische Polynom $\chi_\phi$ gilt $\chi_\phi\in \ker\tau_\phi$.

Mit anderen Worten: Setzt man die Abbildung $\phi$ in ihr charakteristisches Polynom ein, so erhält man die Null-Abbildung $$\chi_\phi(\phi)=0.$$Tatsächlich beweisen wir eine etwas allgemeinere Aussage. Wir benutzen die Tatsache, dass wir für quadratische Matrizen $A=(a_{ij})$ mit Einträgen in einem kommutativen Ring $R$ die Determinante mittels der Leibnizschen Formel
\[\det A=\sum_{\sigma\in S_n}\mathrm{sign}(\sigma) a_{\sigma(1),1}\cdots a_{\sigma(n),n} \] definieren können. Ebenso lässt sich die Adjunkte $A^\#$ definieren und es gilt $A^\# A=A A^\#=\det(A)\cdot \mathbb I$.

Satz. Sei $R$ ein kommutativer Ring, $\phi\in\mathrm{end}(R^n)$ und $\chi_\phi(X)\in K[X]$ das charakteristische Polynom von $\phi$. Dann ist $\chi_\phi(\phi)$ die Nullabbildung.

Beweis. Durch $\phi(e_i)=\sum a_{ij}e_j$ erhalten wir die Einträge einer Matrix $\left(a_{ij}\right)$. Diese ist die Transponierte der Matrix, welche $\phi$ bezüglich der Standardbasis beschreibt. Da $R$ kommutativ ist, ist auch $R[X]$ ein kommutativer Ring. Die Delta-Funktion ist bekannt: Es gilt $\delta_{ij}=1$, falls $i=j$, und $\delta_{ij}=0$ sonst. Durch $$B=(\delta_{ij}X-a_{ij})$$ ist eine Matrix mit Einträgen in $R[X]$ erklärt. Es gilt die Identität $$B\cdot B^\#=\det(B)\cdot \mathbb I=\chi_\phi(X)\cdot \mathbb I$$ von Matrizen mit Einträgen in $R[X]$. Wir betrachten nun den Ringhomomorphismus $$\tau_\phi:R[X]\to R[\phi]\subset \mathrm{end}(R^n),$$ der $X$ auf $\phi$ abbildet und wenden diesen an auf die Einträge in der obigen Identität von Matrizen. Wenden wir $\tau_\phi$ auf $B$ an, so erhalten wir die Nullmatrix: $$\sum_j(\delta_{ij}\phi-a_{ij})e_j=\sum_j\delta_{ij}\phi(e_j)-\sum_ja_{ij}e_j=\phi(e_i)-\sum_ja_{ij}e_j=0.$$ Folglich ist $\tau_\phi(\det B)=\chi(\phi)=0.$
qed

Korollar Ist $\phi\colon V\to V$ invertierbarer Endomorphismus mit charakteristischem Polynom
\[\chi(X)=X^n+a_{n-1}
X^{n-1}+\ldots+a_0,\] so lässt sich die zu $\phi$ inverse Abbildung darstellen als Polynom in $\phi$:
\[
\phi^{-1}=-a_0^{-1} (\phi^{n-1}+a_{n-1}
\phi^{n-2}+\ldots + a_{2}\phi + a_{1}).
\]

Beweis. Multiplikation des angegebenen Polynoms mit $\phi$ ergibt
\[
\phi \left(-a_0^{-1}(\phi^{n-1}+a_{n-1} \phi^{n-2} +\ldots +
a_1)\right) =-a_0^{-1}(\underbrace{\phi^n+a_{n-1}
\phi^{n-1}+\ldots +a_0\phi^0}_{=0} -a_0\phi^0)=
{\mathrm {id}}.
\]qed

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