6.1. Transformations-Gruppen

Im Folgenden sollen Symmetrien von Überlagerungen untersucht werden. Eine gute Gelegenheit, sich mit den zugehörigen Begriffen vertraut zu machen.

6.1.1. Definition. Eine topologische Gruppe ist eine Gruppe \(G\), zusammen mit einer Topologie auf \(G\), so dass die Abbildungen \[\begin{eqnarray}m\colon G\times G&\to &G, \quad& (g,h)\mapsto gh\\
i\colon G&\to&G,\quad& g\mapsto g^{-1}
\end{eqnarray}\] stetig sind.

6.1.2. Beispiele.

  • Jede Gruppe kann, versehen mit der diskreten Topologie, als eine topologische Gruppe verstanden werden.
  • Die Gruppe \(Gl(2,\mathbb R)\) der invertierbaren \(2\times 2\)-Matrizen, versehen mit der Unterraum-Topologie des \(\mathbb R^4\), ist eine topologische Gruppe. Die Stetigkeit von Multiplikation und Inversenbildung lässt sich direkt aus den Formeln ablesen:\[
    \begin{eqnarray} \begin{pmatrix}a&b\\c&d\end{pmatrix} \begin{pmatrix}a'&b'\\c'&d'\end{pmatrix}&=&
    \begin{pmatrix}aa'+bc'&ab'+bd'\\ca'+dc'&cb'+dd'\end{pmatrix}\\
    \begin{pmatrix}a&b\\c&d\end{pmatrix}^{-1}&=&\frac1{ad-bc} \begin{pmatrix}d&-b\\-c&a\end{pmatrix}
    \end{eqnarray}\]
  • Ist \(X\) ein kompakter Hausdorffraum, so ist die Gruppe \(Aut(X)\) der Homöomorphismen von \(X\), versehen mit der KO-Topologie, eine topologische Gruppe: Der Raum \(X\) ist insbesondere lokal kompakt und folglich ist die Kompositionsabbildung \[Hom(X,X)\times Hom(X,X)\to Hom(X,X)\] stetig. Die Gruppenmultiplikation ist als Einschränkung dieser Abbildung auf einen Unterraum ebenfalls stetig. Zur Stetigkeit der Inversenbildung betrachten wir offene Mengen der Form \(W(K,U)\) mit \(K\subset X\) kompakt und \(U\subset X\) offen. Ist \(f^{-1}\in W(K,U)\), so folgt aus \(f^{-1}(K)\subset U\) die Inklusion \(K\subset f(U)\) und durch Komplementbildung die Inklusion \(f(X\setminus U)\subset (X\setminus K)\). Es gilt folglich \[i^{-1}\left(W(K,U)\right)=W(X\setminus U, X\setminus K).\] Aus den Voraussetzungen an \(X\) folgt Kompaktheit von \(X\setminus U\) und Offenheit von \(X\setminus K\).

6.1.3. Definition. Es sei \(G\) eine topologische Gruppe und \(X\) ein topologischer Raum.

  • Eine stetige Links-Operation von \(G\) auf \(X\) ist eine stetige Abbildung \(m\colon G\times X\to X,\) die \((g,x)\mapsto gx\) notiert wird, so dass die beiden Rechenregeln \(1x=x\) und \( g(hx)=(gh)x\) erfüllt werden. Man nennt das Paar \((X,m)\) einen linken \(G\)-Raum.
  • Analog wird ein rechter \(G\)-Raum \((X,m')\) durch eine stetige Abbildung \(m'\colon X\times G\to X\) mit Notation \((x,g)\mapsto xg\) definiert, welche den Rechenregeln \(x1=x\) und \((xg)h=x(gh)\) genügt.

Die Unterscheidung zwischen linken und rechten Operationen ist nützlich, um die Konsistenz von Formeln zu bewahren. Mittels der Formel \[xg=g^{-1}x\] kann jeder Links-Raum in einen Rechts-Raum überführt werden, und umgekehrt. Wenn aus dem Zusammenhang erkenntlich ist, welcher Art die Operation ist, wird auf den Zusatz rechts oder links meist verzichtet.

6.1.4. Beispiele. Die obigen Gruppen wirken in tautologischer Weise als Automorphismen-Gruppen.\[ \begin{eqnarray}Gl(2,\mathbb R)\times \mathbb R^2\to \mathbb R^2,\quad &(A,x)\mapsto Ax\\
Aut(X)\times X\to X,\quad &(h,x)\mapsto h(x).\end{eqnarray}
\]

6.1.5. Definition. Es sei \(G\) eine topologische Gruppe. Eine stetige Abbildung \(\phi\colon X\to Y\) zwischen \(G\)-Räumen heißt äquivariant, wenn für alle \(g\in G\) und \(x\in X\) gilt \(\phi(gx)=g\phi(x)\).

Die stetigen \(G\)-Räume bilden zusammen mit den stetigen, äquivarianten Abbildungen eine Kategorie.

6.1.6. Definition. Die Operation \(G\times X\to X\) einer topologischen Gruppe \(G\) auf einem topologischen Raum heißt

  • trivial, falls gilt \(gx=x\) für alle \(g\in G\) und für alle \(x\in X\).
  • effektiv, falls es für jedes Element \(g\in G\setminus\{1\}\) ein \(x\in X\) gibt mit \(gx\not=x\).
  • transitiv, falls es zu je zwei Elementen \(x,x'\in X\) ein Gruppenelement \(g\in G\) gibt mit \(x'=gx\).
  • frei, falls aus \(gx=x\) für ein \(x\in X\) folgt \(g=1\).

6.1.7. Definition. Ist \(X\) ein \(G\)-Raum und \(x\in X\), so heißt das Bild der stetigen Abbildung \[G\to X,\quad g\mapsto gx\] die Bahn \(Gx\) von \(x\). Das Urbild des Elements \(x\) ist eine Untergruppe und heißt der Stabilisator von \(x\). Die Menge \(X/G:= \{Gx\mid x\in X\}\), versehen mit der Quotiententopologie, wird Bahnenraum der Gruppenoperation genannt

6.1.8. Bemerkungen.

  1. Ein \(G\)-Raum ist also
    • trivial, wenn \(G\) die Stabilisatorgruppe eines jeden Elementes \(x\in X\) ist.
    • effektiv, wenn der Durchschnitt aller Stabilisatorgruppen die triviale Untergruppe ist.
    • transitiv, wenn es genau eine Bahn in \(X\) gibt.
    • frei, wenn nur die triviale Untergruppe als Stebilisatorgruppe auftaucht.
  2. Die Quotientenabbildung \(p\colon X\to X/G\), die jedem Element seine Bahn zuordnet, ist offen. Ist nämlich \(U\subset X\) offen, so auch \[p^{-1}\left(p(U)\right)=\bigcup_{g\in G}gU.\]

6.1.9. Definition. Ein rechter \(G\)-Raum \(E\) heißt ein Hauptfaserbündel, wenn \(G\) frei operiert und es zu jeder Bahn \(b\in B:=E/G\) eine offene Umgebung \(V\subset B\) von \(b\) gibt, sowie einen \(G\)-äquivarianten Homöomorphismus \(\theta\colon p^{-1}(V)\to V\times G\), so dass das Diagramm \[\begin{matrix}p^{-1}(V)&\xrightarrow{\quad \theta\quad}&V\times G\\
{\phantom{Platzda}\scriptstyle p}\searrow&&\swarrow \scriptstyle{\mathrm{pr}_1}\phantom{Platzda}\\&B&\end{matrix}\] kommutiert.

Hier betrachten wir \(V\times G\) als rechten \(G\)-Raum vermittels der Operation \begin{eqnarray}V\times G\times G&\to& V\times G\\(v,g,g')&\mapsto&(v,gg').\end{eqnarray}

6.1.10. Bemerkung. Ist \(G\) eine diskrete Gruppe und \(E\) ein \(G\)-Hauptfaserbündel, so ist die Abbildung \(p\colon E\to B=E/G\) offenbar eine Überlagerung.

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