1.1. Metrische Räume

1.1.1. Definition. Eine Metrik auf einer Menge $X$ ist eine Abbildung $$d:X\times X\to \mathbb R,$$ welche für alle $x,x',x''\in X$ folgende Eigenschaften erfüllt.

  • Sie ist positiv definit, das heißt $d(x,x')\ge 0$ und $d(x,x')=0$ genau dann, wenn $x=x'$.
  • Sie ist symmetrisch, das heißt es gilt $d(x,x')=d(x',x)$.
  • Sie ist transitiv, das heißt die Dreiecksungleichung $d(x,x'')\leq d(x,x')+d(x',x'')$ ist erfüllt.

Man nennt das Paar $(X,d)$ einen metrischer Raum.

1.1.2. Beispiele.

  • Der euklidische Raum $\mathbb R^n$, versehen mit der Metrik $d(x,x'):=\|x-x'\|_2$, $\|x\|=\sqrt{\sum_{i=1}^nx_i^2}$.
  • Allgemeiner, jeder normierte Vektorraum $(V,\|.\|)$, versehen mit der Metrik $d(v,v'):=\|v-v'\|$. Eine Norm auf einem reellen Vektoraum ist eine Abbildung $V\to \mathbb R$ mit folgenden Eigenschaften.
    • $\|v\|\ge 0$ und $\|v\|=0$ genau dann, wenn $v=0$.
    • $\|\lambda v\|=|\lambda|\cdot \|v\|$ für $\lambda\in \mathbb R$.
    • $\|v+v'\|\leq
      \|v\|+\|v'\|$.
  • Jede Teilmenge eines metrischen Raumes ist wieder ein solcher

Aus der Analysis vertraut ist die folgende Formulierung der Stetigkeit.

1.1.3. Definition. Eine Abbildung $f:X\to Y$ zwischen metrischen Räumen ist stetig im Punkte $x\in X$, wenn für jede Toleranzgrenze $\varepsilon\gt 0$ eine Güte der Approximation $\delta\gt 0$ existiert mit folgender Eigenschaft: Approximiert ein $x'\in X$ den Wert $x$ mit der Güte $\delta$, d. h. $d_X(x,x')\lt \delta$, so unterscheiden sich die Funktionswerte der beiden Punkte im Toleranzbereich $\varepsilon$, d. h. es gilt $d_Y\left(f(x),f(x')\right)\lt \varepsilon$. Die Abbildung $f$ heißt stetig, wenn sie es in jedem Punkt $x\in X$ ist.

1.1.4. Definition. Es sei $x$ ein Punkt in einem metrischen Raum $(X,d)$. Die $\varepsilon$-Umgebung $$U_\varepsilon(x):=\{y\in X\mid d(x,y)\lt \varepsilon\}$$ besteht aus allen Punkten in $X$, deren Abstand von $x$ kleiner als $\varepsilon \gt 0$ ist. Allgemeiner ist eine Umgebung von $x$ eine Teilmenge von $X$, welche eine $\varepsilon$-Umgebung von $x$ enthält. Eine Teilmenge $V\subset X$ heißt offen, wenn sie Umgebung jedes ihrer Punkte ist.

Die Dreiecksungleichung gibt der Begriffsbildung der offenen Mengen in einem metrischen Raum einen Sinn:

1.1.5. Lemma. Eine $\varepsilon$-Umgebung $U_\varepsilon(x)$ enthält $x$ und ist offen in der metrischen Topologie.

Beweis. Der Punkt $x$ besitzt zu sich selbst keinen Abstand. Daraus folgt die erste Aussage. Ist $x'\in U_\varepsilon(x)$, so sei $\varepsilon'=\varepsilon-d(x,x')$. Ist nun $x''\ in U(x',\varepsilon')$, so gilt wegen der Dreiecksungleichung $$d(x,x'')\leq d(x,x')+d(x',x'')\lt d(x,x')+\varepsilon'=\varepsilon.$$ Es folgt $U(x',\varepsilon')\subset U(x,\varepsilon)$.
qed.

Ausgestattet mit diesem Vokabular, lässt sich der Begriff der Stetigkeit auch ohne Rückgriff auf das griechische Alphabet formulieren:

1.1.6. Proposition. Eine Abbildung $f:X\to Y$ zwischen metrischen Räumen ist stetig in $x\in X$, wenn die Urbildmenge jeder Umgebung von $f(x)$ eine Umgebung von $x$ ist. Insbesondere ist $f$ genau dann stetig, wenn Urbilder offener Mengen jeweils offen sind.

Die offenen Mengen in einem metrischen Raum $X$ habe folgende Eigenschaften:

  • Die leere Menge und $X$ selbst sind offen.
  • Der Durchschnitt zweier offener Mengen ist offen.
  • Beliebige Vereinigungen offener Mengen sind offen.

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