In diesem Abschnitt erfüllen alle Räume der Einfachheit halber die Zusammenhangstriade: Sie sind zusammenhängend, lokal wegweise zusammenhängend und semilokal einfach zusammenhängend. Die Aussagen bleiben zum Teil auch unter Weglassung der einen oder anderen dieser Voraussetzungen gültig.
Zuerst betrachten wir den Fall von Räumen mit Basispnkten: Für einen Raum $B$ mit ausgezeichnetem Basispunkt $b\in B$ bezeichne $\mathcal{Cov}(B,b)$ die Kategorie der punktierten Überlagerungen. Objekte sind zusammenhängende, punktierte Räume $(X,x)$, zusammen mit Überlagerungen $p\colon (X,x)\to (B,b)$. Morphismen sind die Basispunkte respektierende Abbildungen über $B$.
Für eine Gruppe $G$ bezeichne $\mathcal {Subgroup}(G)$ die Kategorie der Untergruppen von $G$. Objekte sind die Untergruppen von $G$. Die Inklusionsabbildungen beschreiben die Morphismen.
7.3.1. Satz. Ist $B$ z-triadisch, so ist der Funktor $$\pi_1\colon \mathcal{Cov}(B,b)\to \mathcal {Subgroup}\left(\pi_1(B,b)\right),$$ welcher einer Überlagerung $ (X,x)\to(B,b)$ die Fundamentalgruppe $\pi_1(X,x)$ zuordnet, und einem Morphismus $f\colon (X,x)\to (X',x')$ den induzierten Homomorphismus $f_*=\pi_1(f)\colon \pi_1(X,x)\to \pi_1(X',x')$, ein Isomorphismus.
Beweis. Ist $p\colon (X,x)\to (B,b)$ eine Überlagerung, so ist der von $p$ induzierte Homomorphismus $p_*\colon \pi_1(X,x)\to \pi_1(B,b)$ nach 7.1.6 injektiv. Folglich ist auch der von einem Morphismus von Überlagerungen $$f\colon (X,x)\to (X',x')$$ induzierte Homomorphismus $\pi_1(f)$ injektiv.
Ist $q\colon(\widetilde{B},\widetilde{b})\to (B,b)$ die universelle Überlagerung und $p\colon (X,x)\to (B,b)$ eine zusammenhängende Überlagerung, so definieren wir eine Abbildung $f\colon(\widetilde{B},\widetilde{b})\to (X,x)$ wie folgt: Es sei $[w]\in \widetilde{B}$ die Äquivalenzklasse eines in $b$ startenden Weges $w\colon I\to B$. Zum Weg $w$ liefert die HHE eine eindeutig bestimmte Hochhebung $\hat{w}\colon I\to X$ mit Anfangspunkt $\hat{w}(0)=x$. Wir setzen $f\left([w]\right):=\hat{w}(1)\in X$. Dies ist wohldefiniert, denn eine Homotopie von $w$ relativ Endpunkte kann eindeutig nach $X$ hochgehoben werden. Die Homotopie bewegt den Endpunkt stetig in der diskreten Faser über $w(1)$. Die derart mengentheoretisch definierte Abbildung $f$ ist in jedem Blatt über einer trivialisierenden offenen Menge in $B$ ein Homöomorphismus, also lokal und folglich auch global stetig.
Die derart konstruierte Abbildung $f$ ist wegen der Eindeutigkeit von Hochhebungen eindeutig. Sie ist surjektiv, da $X$ wegweise zusammenhängend ist und jeder Weg in $X$ eine Hochhebung eines Weges in $B$ ist. Der Endpunkt liegt folglich im Bild von $f$. Das Urbild $f^{-1}(x)$ besteht aus denjenigen Elementen in der Faser $q^{-1}(b)=\pi_1(B,b)$ über $b$, welche in geschlossene Wege in $X$ abgebildet werden, also der Fundamentalgruppe $\pi_1(X,x)\subset \pi_1(B,b)$.
Da sowohl $p$ als auch $p\circ f=q$ Überlagerungen sind, ist auch $f$ eine Überlagerung und als solche eine universelle. Folglich ist $X$ der Bahnenraum $\widetilde{B}/\pi_1(X,x)$.
Der zu $\pi_1$ inverse Funktor ist wie folgt beschrieben: Sind $H\subset K\subset\pi_1(B,b)$ Untergruppen, so erhält man surjektive Abbildungen der Bahnenräume $\widetilde{B}/H\to \widetilde{B}/K\to \widetilde{B}/\pi_1(B,b)=B$, welche allesamt Überlagerungen sind.
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7.3.2. Definition. Es sei $H$ Untergruppe einer Gruppe $G$.
7.3.3. Korollar. Ist $B$ z-triadisch und $p\colon X\to B$ eine zusammenhängende Überlagerung, so ist die Decktransformationsgruppe von $p$ isomorph zur Weyl-Gruppe $W_{\pi_1(B)}\pi_1(X).$
Beweis. Es sei $f\colon X\to X$ eine Decktransformation von $p$, d.h. es gilt $p=f\circ p$. Außerdem sei ein Punkt $x\in X$ gegeben, und $r\colon (\widetilde{B},\widetilde{b})\to (X,x)$ die universelle Überlagerung. Die Wahl eines Basispunktes in $ r^{-1}\left(f(x)\right)$ bestimmt nach 7.3.1. eine eindeutige Hochhebung $\widetilde{f}$ der Abbildung $f\circ r\colon \widetilde{B}\to X$ nach $\widetilde{B}$. Diese Hochhebung $\widetilde{f}\colon \widetilde{B}\to \widetilde{B}$ ist eine Decktransformation über $B$, wird also beschrieben durch $\rho_n$ für ein $n\in G=\pi_1(B,b)$.
Es Bezeichne $H=\pi_1(X,x)$ die durch $p_*$ bestimmte Untergruppe von $G=\pi_1(B,b)$. Dann ist $X=\widetilde{B}/H$ und $B= \widetilde{B}/G$ und $p\colon X\to B$ die Quotientenabbildung $p\left([w]/H\right)=[w]/ G$.
Es sei nun $n\in G$ gegeben. Es sei $w\colon I\to B$ ein in $b$ startender Weg. Die Faser über $[w]/ G$ in der universellen Überlagerung besteht aus den Punkten $[w]g$ mit $g\in G$. Jeder Punkt in der Faser über $[w]/G$ der Überlagerung $p$ wird repräsentiert durch eine Bahn $[w]gH$. Die Decktransformation $\rho_n$ bildet die Menge $[w]gH$ auf die Menge $$\rho_n\left([w]gH\right)=[w]gHn$$ ab. Damit $\rho_n$ eine wohldefinierte Abbildung von $X$ in sich definiert, müssen die beiden Zerlegungen $\{[w]gH\mid g\in G\}$ und $\{[w]gHn=[w]gn(n^{-1}H n)\mid g\in G\}$ der Faser $[w]G$ übereinstimmen. Das ist genau dann der Fall, wenn $n\in N_GH$ gilt.
Die durch $\rho_n$ induzierte Abbildung von $X$ stimmt mit der identischen Abbildung genau dann überein, wenn $n\in H$ ist. Daraus folgt die Behauptung.
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7.3.4. Korollar. Es seien $g\colon (Z,z)\to (B,b)$ eine stetige Abbildung zwischen z-triadischen Räumen und $p\colon (X,x)\to (B,b)$ eine zusammenhängende Überlagerung. Es existiert genau dann eine Hochhebung $G\colon (Z,z)\to (X,x)$ von $g$, wenn es einen Gruppenhomomorphismus $$G_*\colon \pi_1(Z,z)\to \pi_1(X,x)$$ gibt mit $p_*\circ G_*=g_*$.
Beweis. Gibt es eine Hochhebung $G$, so folgt die Existenz von $G_*$ aus der Funktorialität von $\pi_1$.
Für die umgekehrte Implikation nehmen wir an, es gelte $g_*\pi_1(Z,z)\subset p_*\pi_1(X,x)\subset \pi_1(G,b).$ Wir betrachten die Zusammenhangskomponente $\widetilde{Z}$ des Punktes $\widetilde{z}:=(z,x)$ in der durch Basiswechsel erhaltenen Überlagerung $Z\times_BX\to Z$. Die Überlagerung $\widetilde{Z}\to Z$ induziert wegen 7.3.1 einen injektiven Homomorphismus $\pi_1(\widetilde{Z},\widetilde{z})\to \pi_1(Z,z)$. Dieser Homomorphismus ist allerdings auch surjektiv: Ist $w\colon I\to Z$ ein geschlossener, in $z$ startender Weg, so ist die Hochhebung $\widetilde{gw}$ nach $X$ des Weges $g\circ w$ mit Startpunkt $x$ wegen $g_*\pi_1(Z,z)\subset p_*\pi_1(X,x)$ ein geschlossener Weg in $X$. Folglich ist der Weg $w\times_B\widetilde{gw}\colon I\to\widetilde{Z}$ geschlossen und bildet nach $w$ ab.
Da die induzierte Abbildung in $\pi_1$ ein Isomorphismus ist, muss wegen 7.3.1 die Abbildung $\widetilde{Z}\to Z$ eine einblättrige Überlagerung, mithin ein Homöomorphismus sein. Die Projektion des Pull-Backs $$Z\cong\widetilde{Z}\hookrightarrow Z\times_BX\to X$$ auf den zweiten Faktor liefert folglich die gesuchte Hochhebung $G$.
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