Clifford-Algebren

Clifford-Algebren lassen sich als deformierte äußere Algebren auffassen; das Quadrat eines Elementes ist nicht notwendig Null, sondern wird durch eine quadratische Form beschrieben. Es sei $V$ ein $K$-Vektorraum und $q:V\to K$ eine quadratische Form. Es gilt also für $k\in K$ und $v,v'\in V$:

  • i) $q(k v)=k^2q(v)$,
  • ii) $ b(v,v'):= q(v+v')-q(v)-q(v')$ definiert eine symmetrische Bilinearform $b$ auf $V$.

Definition. Eine Clifford-Algebra $Cl(V,q)$ ist eine assoziative $K$-Algebra mit Eins, zusammen mit einer $K$-linearen Abbildung $\psi:V\to Cl(V,q)$ mit folgenden Eigenschaften:

  • i) Für $v\in V$ gilt $\psi(v)^2=q(v)\cdot 1$.
  • ii) Ist $\phi:V\to A$ eine $K$-lineare Abbildung in eine assoziative $K$-Algebra $A$ mit Eins, so das für alle $v\in V$ gilt $\phi(v)^2=q(v)\cdot 1$, so gibt es einen eindeutig bestimmten Algebrenhomomorphismus $\Phi:Cl(V,q)\to A$ mit $\Phi\circ\psi=\phi$.

Der Beweis des folgenden Satzes ist nicht allzu schwer. Wir wollen uns hier die technischen Details ersparen und ihn nur an zwei einfachen Beispielen veranschaulichen.

Satz. Ist $q:V\to K$ eine quadratische Form auf einem $K$-Vektorraum, so existiert eine Clifford-Algebra $Cl(V,q)$. Diese ist bis auf eindeutige Isomorphie eindeutig bestimmt. Die Abbildung $\psi:V\to Cl(V,q)$ ist injektiv. Ist $v_1,\ldots,v_n$ eine Basis von $V$, so bilden die Elemente $v_{i_1}\cdot \ldots\cdot v_{i_r}$ mit $0\le r\le n$ und $1\le i_1 < \ldots < i_r\le n$ eine $K$-Vektorraumbasis von $Cl(V,q)$.

Die Clifford-Algebra wird als Quotient der Tensor-Algebra $T_.V$ konstruiert. Es bezeichne $I(V,q)\subset T_.V$ das von allen Elementen der Form
\[s\otimes \left(v\otimes v-q(v)\right)\otimes t=s\otimes v\otimes v\otimes t-q(v)(s\otimes t)\] mit $v\in V$ und $s,t
\in T_.V$ erzeugte Ideal. Dann ist
\[Cl(V,q):= T_.V/I(V,q),\] zusammen mit der aus Inklusion und Projektion komponierten Abbildung
\[\psi:V=T_1V\hookrightarrow
T_.V\longrightarrow T_.V/I(V,q)=Cl(V,q)\] eine Clifford-Algebra.

Beispiele.

  1. Die komplexen Zahlen. Ist $V={\mathbb R} $ und $q(r)=-r^2$, so ist $Cl(V,q)\cong {\mathbb C}$: Die Tensoralgebra $T_.V$ ist isomorph zu dem Polynomring ${\mathbb R} [t]$ und der Unterraum $I(V,q)$ besteht aus allen durch das Polynom $t^2+1$ teilbaren Polynomen. Als Vektorraum ist ${\mathbb R}[t]/I(V,q)$ zweidimensional; die Restklassen der Monome $1$ und $t$ bilden eine Basis. Die Restklasse des Quadrats $t^2$ ist gleich der Restklasse von $-1$, da die Restklasse von $t^2+1$ gleich Null ist. Die Abbildung
    \[q:{\mathbb R}[t]\to {\mathbb C}, \quad \sum a_kt^k\mapsto \sum a_k i^k\] ist surjektiv mit Kern gleich $I(V,q)$ und folglich ein Isomorphismus. Die lineare Abbildung $\psi:V\to {\mathbb C}$ erkennen wir als Einbettung der rein imaginären Zahlen $V\cong i {\mathbb R}\hookrightarrow {\mathbb C}$.
  2. Die Quaternionen. Es sei $V$ ein zweidimensionaler reeller Vektorraum mit Basisvektoren $I$ und $J$. Die quadratische Form sei gegeben durch \[q(aI+bJ) = -a^2-b^2.\] Die zugehörige Clifford-Algebra ${\mathbb H}:=Cl(V,q)$ wird der Raum der Quaternionen genannt. Als Vektorraum über den reellen Zahlen ist $\mathbb H$ erzeugt von den Restklassen $1$, $i$, $j$ und $k$ der Monome $1$, $I$, $J$ und $I\otimes J$ in der Tensoralgebra $T_.V$. Für die Quaternionen gelten offensichtlich die Relationen
    \[i^2=j^2=-1,\quad ij=k.\] Es gelten darüber hinaus noch weitere Relationen
    \[k^2=-1,\quad ij=-ji, \quad jk=-kj=i,\quad ki=-ik=j.\] Die Relation $ij=-ji$ erhält man aus der Tatsache, dass $ij+ji$ die Äquivalenzklasse des Elementes
    \[(I+J)\otimes(I+J)-I\otimes I-J\otimes J\in T_.V\] ist und damit gleich
    \[q(I+J)-q(I)-q(J)=-2+1+1=0.\] Daraus folgt nun
    \begin{align*}k^2&=ijij=-ijji=-1\\
    jk&=jij=-jji=i=-ijj=-kj\\
    ki&=iji=-jii=j=-iij=-ik.
    \end{align*} Die derart konstruierten Quaternionen werden wir gleich noch einmal auf andere Weise darstellen.

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