Zwischenwertsatz

Zwischenwertsatz 2.3.4. Die reellwertige Funktion $f$ sei auf dem Intervall $[a,b]$ definiert und stetig. Für eine reelle Zahl $y$ gelte $\min\{f(a),f(b)\} \lt y \lt \max\{f(a),f(b)\}$. Dann gibt es ein $x\in [a,b]$ mit $f(x)= y$. Kurzum, die Funktion $f$ nimmt jeden Wert zwischen $f(a)$ und $f(b)$ an.

Beweis. Eventuell nach Ersetzen der Funktion $f$ durch $-f$ können wir annehmen $f(a)\lt f(b)$. Wir konstruieren eine Intervallschachtelung $\{[a_n, b_n]\mid n\in\mathbb N\}$ in der Weise, dass $f(a_n)\lt y \le f(b_n)$ gilt. Wir setzen $a_1=a$ und $b_1=b$. Ist das $n$-te Intervall konstruiert, so halbieren wir dieses. Ist $f\left(\frac{a_n+b_n}{2}\right)\lt y$, so setzen wir \[a_{n+1}=\frac{a_n+b_n}{2},\quad b_{n+1}=b_n.\] Andernfalls setzen wir \[a_{n+1}=a_n,\quad b_{n+1}=\frac{a_n+b_n}{2}.\] Die durch die Intervallschachtelung definierte Zahl $x$ ist Grenzwert der Folgen $(a_n)$ und $(b_n)$. Also ist $$f(x)=\lim_{n\to\infty}f(a_n)\le y
\le \lim_{n\to\infty}f(b_n)=f(x).
$$qed

Satz 2.3.5. Jedes reelle Polynom ungeraden Grades besitzt mindestens eine Nullstelle.

Beweis. Nach Division durch den Koeffizienten der höchsten Potenz erhält das Polynom die Gestalt$$
f(x)=x^n+c_{n-1} x^{n-1} +\dots + c_1 x +c_0.
$$ Für $a$ kleiner als $\min\{-1,-(|c_0|+|c_1|+\cdots+|c_{n-1}|)\}$ wird dann\[
f(a)=a^{n-1}\left(a+c_{n-1}+\frac{c_{n-2}}{a}+\cdots+\frac{c_0}{a^{n-1}}\right)
\lt a^{n-1}(a+|c_{n-1}|+|c_{n-2}|+\cdots+|c_0|)\lt 0\] und entsprechend $f(b)\gt 0$ für $b\gt \max\{1,|c_{n-1}|+\cdots+|c_0|\}$. Zwischen $a$ und $b$ liegt nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle.
qed

Bislang kennen wir nur den Begriff eines abgeschlossenen Intervalls $[a,b]=\{r\mid a\le r\le b\}\subset \mathbb R$. Daneben betrachtet man noch die halboffenen Intervalle \begin{aligned}
\left[a,b\right)&:=\{r\in \mathbb R\mid a\le r\lt b\}\\ (a,b]&:=\{r\in \mathbb R\mid a\lt r\le b\},
\end{aligned}offene Intervalle \[
(a,b):=\{r\in \mathbb R\mid a\lt r\lt b\},
\]sowie uneigentliche Intervalle wie \[
(a,\infty):=\{r\in \mathbb R\mid a\lt r\} \]und entsprechend $[a,\infty), (-\infty,b),(-\infty,b],(-\infty,\infty)$.

Bemerkung. Eine Teilmenge $I\subset \mathbb R$ ist genau dann ein Intervall, wenn für alle $a,b\in I$ mit $a\lt b$ gilt: $[a.b]\subset I$.

Eine rellwertige Funktion $f$ mit reellwertigem Definitionsbereich $D$ heißt monoton wachsend, wenn für $a \lt b$ aus $D$ stets gilt $f(a) \le f(b)$, und streng monoton wachsend, wenn stets gilt $f(a) \lt f(b)$. Analog definiert man monoton und streng monoton fallend.

Satz 2.3.6. Es sei $f\colon I\to\mathbb R$ eine stetige, auf einem Intervall definierte, reellwertige Funktion. Dann ist das Bild $J:=f(I)\subset \mathbb R$ ebenfalls ein Intervall. Ist $f$ streng monoton, so hat sie eine stetige und streng monotone Umkehrfunktion $g\colon J\to I$ mit gleichem Wachstumsverhalten.

Beweis. Die erste Aussage folgt aus dem Zwischenwertsatz: Gilt $f(a)\lt f(b)$, so ist schon das ganze Intervall $[f(a),f(b)]$ in $J$ enthalten.
Sei nun $f$ eine streng monoton wachsende Funktion. Dann ist sie notwendig injektiv und es existiert folglich eine Umkehrfunktion $g\colon J\to I$. Diese ist ebenfalls streng monoton wachsend. Zu zeigen bleibt die Stetigkeit.
Ist $I$ ein einziger Punkt, so ist nichts zu zeigen. Ansonsten seien $x\in I$ und $y\in J$ gegeben mit $f(x)=y$ und entsprechend $g(y)=x$. Wir geben uns ein $\varepsilon \gt 0$ vor.
1. Fall: Der Punkt $x$ ist nicht Endpunkt von $I$. Dann existieren Punkte \[x_\pm \in U_\varepsilon(x):=I\cap (x-\varepsilon,x+\varepsilon)\] mit $x_{-}\lt x \lt x_{+}$ und folglich Elemente $y_\pm=f(x_\pm)\in f(U_\varepsilon(x))$ mit $y_-\lt y\lt y_+$. Wir setzen wir $\delta=\min\{y_{+}-y,y-y_{-}\}\gt 0$. Wegen des Zwischenwertsatzes ist dann \[U_\delta(y)=(y-\delta,y+\delta)\subset [y-\delta,y+\delta]\subset [y_{-},y_{+}]\subset f(U_\varepsilon(x))\] und folglich \[
g(U_\delta(y))\subset U_\varepsilon(x),
\] wie gefordert.
2. Fall: Der Punkt $x$ ist Endpunkt von $I$. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit sei $x=\max(I)$ und folglich $y=\max(J)$. Dann gibt es ein $x_{-}\in I$ mit $0\lt x-x_{-}\lt \varepsilon$. Sei $y_{-}=f(x_{-})$ und $\delta=y-y_{-}$. Wegen des Zwischenwertsatzes gilt \[ [y_{-},y]=J\cap [y-\delta,y+\delta]\subset f(U_\varepsilon(x))\] und folglich \[
g(U_\delta(y))\subset U_\varepsilon(x),
\] wie gefordert. Der Fall eines Minimums ist analog, wie auch der Fall einer monoton fallenden Funktion.
qed

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